Immer wieder liest man davon, dass Menschen, die auf LCHF umstellen, plötzlich Verdauungsbeschwerden und Bauchschmerzen oder gar Bauchkrämpfe bekommen – oder auch: Probleme mit der Galle. Oft führt das dazu, dass die Ernährungsumstellung abgebrochen wird.
Hier möchte ich gerne darüber aufklären, was zu solchen „Umstellungsschmerzen“ führen kann und was man dagegen tun kann.
Meist ist es ja so, dass man vor LCHF lange wenig Fett gegessen hat. Stellt man seine Ernährung auf LCHF um, ist der Körper gefordert, die Fettverdauung wieder in Schwung zu bringen. Durch die bisherige fettarme Ernährung haben die Leberzellen die Gallensäurenproduktion eingestellt. Isst man plötzlich wieder Fett und im Vergleich zu vorher sogar viel, müssen die Leberzellen schnell Gallensäuren produzieren, damit das Fett aus der Nahrung, die im Dünndarm landet, durch diese emulgiert und zusammen mit den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und anderen für den Körper wichtigen Stoffen resorbiert werden kann.
Die Leber produziert also Gallenflüssigkeit, die sofort für die Fettverdauung verwendet werden kann. Bleibt etwas von der Galle übrig, wird dieser Überschuss in der Gallenblase geparkt. Bei der nächsten fetthaltigen Mahlzeit, die vom Magen in den Dünndarm kommt, nimmt der Körper die benötigte Galle gleich aus der Gallenblase. Das Fett regt die Ausschüttung von Hormonen an, die die Kontraktion der Gallenblase initiieren. Und – schwupp – ein Schwung Galle wird aus der Gallenblase gepumpt und fließt durch den Gallengang in den Dünndarm, wo das Fett aus der Nahrung wartet. Die Leberzellen produzieren währenddessen neue Galle.
Sind die Leberzellen noch ungeübt oder nicht genügend Zellen aktiv, dann gelingt es nicht so schnell, Galle herzustellen. Und das kann zu unangenehmen Begleiterscheinungen führen. Das Nahrungsfett kann im Dünndarm nicht aufgenommen werden und wird unter Blähungen und Bauchschmerz möglichst schnell wieder nach draußen transportiert. Man kriegt also Durchfall. Übelkeit kann ein zusätzliches Symptom sein. Meist kommt es nicht zum Erbrechen, aber die Übelkeit zeigt an, dass der Körper die belastende Mahlzeit lieber nach draußen befördern möchte.
Hat man lange kein oder wenig Fett gegessen, wurde die Galle in der Gallenblase auch nicht benötigt. Sie ist dann nicht mehr so flüssig, und es können Gallensteine entstanden sein. Ein Gallenstein ist auskristallisiertes Cholesterin. Wenn in der Gallenblase das Verhältnis der Gallensäure zu Cholesterin auf unter 13:1 sinkt, (das normale Verhältnis liegt bei 20:1), kann Cholesterin ausfallen, es bilden sich Gallensteine (Cholesterinsteine). [1]
Die Gallensteine können einfach in der Gallenblase herumschwimmen und nicht stören. Manche machen sich aber auf den Weg durch den engen, schlauchförmigen Gallengang zum Dünndarm hin. Sind sie für den Gallengang zu groß, bleiben sie immer wieder hängen, während der Körper sie – zwar meist erfolgreich, aber ziemlich schmerzhaft – durch pumpende Kontraktionen der Gallengangmuskulatur vorwärtsbewegt. Das ist eine Gallenkolik, also Krämpfe, die man meist auf der rechten Oberbauchseite spürt. Galle und Leber liegen nämlich zusammen geschützt unter dem rechten Rippenbogen.
Die Schmerzen können auch ausstrahlen. Dann spürt man sie im Brustraum oder Rücken. Ist der Gallenstein auf diese schmerzhafte Weise durch den Gallengang gewandert, landet er im Dünndarm und kann dann gefahr- und schmerzlos ausgeschieden werden. Aber bis er dort ist, besteht auch die Gefahr, dass er den Zugang zur Bauchspeicheldrüse verlegt und dadurch eine Entzündung verursacht.
Es ist daher ratsam, im akuten Kolikfall einen Arzt aufzusuchen, der den Stein mittels Stoßwellentherapie zertrümmert.
Oft wird Betroffenen danach empfohlen, sich fett- und cholesterinarm zu ernähren. Das will man mit LCHF natürlich nicht und deshalb ist es besonders wichtig, mit verdauungsfördernden Beilagen (Bittersalaten) oder anderen Bitterstoffen die Gallenproduktion in der Leber anzuregen und dadurch gut vorbereitet das gute Fett im Essen verdauen zu können. Meist ist das möglich. Sollten die Koliken jedoch trotz der verdauungsfördernden Mittel immer wieder auftreten, sollte man genau abklären lassen, woher sie kommen.
Wenn man abrupt die Fettmenge in den Mahlzeiten erhöht, kann man auch Krämpfe ohne Gallensteine bekommen, da zu wenig Gallensaft da ist, um eine größere Menge Fett zu verdauen. Die Gallenblase fängt an zu pumpen. Sie will damit erst aufhören, wenn genügend Gallensaft ausgetreten ist, und überanstrengt sich bei diesem Versuch.
Vier Fälle:
Die Artischocke steigert die Gallenproduktion in der Leber, reguliert den Gallenfluss, nimmt somit Einfluss auf die Blutfettwerte, senkt den Cholesterinspiegel und verbessert die Verdauungstätigkeit. Eine ähnliche Wirkung hat auch die Löwenzahnwurzel.
Während der ersten Wochen der Umstellung empfiehlt es sich daher, Löwenzahn-Urtinktur von Ceres nach jedem Essen einzunehmen. Jeweils 3 Tropfen genügen. Alternativ dazu kann ein Schluck Artischockensaft eingenommen werden. [2] Wie in meinem Artikel „LCHF und TCM. Verdauungshilfen für Fett und Eiweiß“ erklärt, unterstützen Bittersalate und die enzymhaltigen verschiedenen Essige die Fettverdauung allgemein.
Eine Tasse Pfefferminztee oder Himbeerblättertee nach dem Essen oder Curcuma/Gelbwurz als Gewürz im Gericht regt die Gallenblase zur Ausschüttung an.
Erst muss der Stein aus dem Weg sein. Entweder er findet seinen Weg durch den Gallengang oder wird mit einer Stoßwellenbehandlung vom Arzt entfernt. Danach kann man seine Leber mit den oben genannten Mitteln unterstützen, auf dass immer genug Gallenflüssigkeit vorhanden ist.
Für alle LCHF-Beginners, meine ich, ist es vorsorglich gut, jede Mahlzeit mit den bitteren Blattsalaten zu begleiten und mit Löwenzahn Urtinktur oder Artischockensaft abzuschließen. Dann muss der Körper erst gar nicht schmerzhaft melden, dass er Zeit für die Umstellung braucht. Nach sechs Wochen sollte man mit der Urtinktur pausieren.
Dafür gibt es verschiedene Gründe, häufig geschieht dies, weil Gallensteine Koliken ausgelöst haben und man davon ausgeht, dass die Wahrscheinlichkeit der Neubildung von Gallensteinen inklusive Koliken sehr groß ist. Da man auch ohne Gallenblase leben und verdauen kann, wird die ganze Gallenblase entnommen.
Die Leberzellen produzieren die Gallenflüssigkeit wie gehabt, nur wird diese Flüssigkeit nicht mehr in der Gallenblase geparkt, sondern fließt direkt in den Dünndarm, wo sie entweder verwendet oder – der Körper ist sparsam – wieder rückresorbiert wird.
Auch hier ist es so, dass vor der Operation meist wenig Fett gegessen wurde, weil sich häufig Koliken eingestellt hatten, und deshalb weniger Leberzellen zur Produktion abgestellt sind. Deshalb ist es auch hier empfehlenswert die Leber mit Artischockensaft oder Ceres Löwenzahn-Urtinktur (3 Tropfen nach jeder Mahlzeit) anzuregen, Gallenflüssigkeit zu produzieren.
Ohne Gallenblase sollte man aber noch pfleglicher mit seiner Leber (eigentlich natürlich mit sich insgesamt) umgehen. Die Leber braucht Ruhephasen, sie erholt sich nachts im Schlaf. Deshalb sollte man ausreichend schlafen und die Leber nicht spätabends mit intensiver Fettzufuhr konfrontieren. Wenn man noch eine Gallenblase hat, dann kommt die Galle von dort, die Leber muss nicht ad hoc loslegen mit der Produktion. Die Leber mag auch Wärme, nach einer Mahlzeit zehn Minuten mit einer Wärmflasche auf dem rechten Oberbauch zu ruhen, regt die Durchblutung der Leber an und sie arbeitet dann lieber.
Einer LCHF-Ernährung steht also auch ohne Gallenblase nichts im Wege, wenn die Leber in der Lage ist zu arbeiten und man sie gut dabei unterstützt (siehe oben). Die Gallenblase braucht man nicht unbedingt, sie ist nur der Fallschirm der Fettverdauung.
Sollten noch andere Ursachen (möglicherweise ein Tumor) zu der Entnahme der Gallenblase geführt haben, ist immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt vorzugehen.
Good news für die KaffeeliebhaberInnen unter den LCHFlerInnen. Auch Kaffee kann die Fettverdauung unterstützen – durch seine Bitterstoffe regt er die Ausschüttung der Gallenflüssigkeit an. Ein Espresso oder Kaffee ohne Milch nach einem fettreichen Essen ist eine feine Sache.
Ich empfehle Kaffee nicht sehr gerne, obwohl ich selbst eine große Schwäche für dieses Genussmittel habe. Er hat eine Reihe von Wirkungen, die den Körper belasten können und heutzutage trinkt man ja eher mehr als weniger Kaffee.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird er so beschrieben: Er ist bitter, deshalb leitet er alles nach unten und wirkt im unteren Körperbereich kühlend. Einige merken es daran, dass sie gleich nach dem Kaffee zur Toilette müssen, weil sie sofort einen Harndrang verspüren oder auch eine Art Durchfall bekommen. Auf das Kreislaufsystem wirkt er anregend und löst einen Wärmeschub im Brust- und Kopfbereich aus. Manche spüren, dass es ihnen schnell heiß wird nach einem Kaffee. Gleichzeitig wirkt er dadurch stimmungsaufhellend, aber diese Anregung hält nur kurz an.
In der westlichen Medizin wird beschrieben, dass Kaffee die Adrenalinausschüttung anregt. Gleich ist man aktiver, tatkräftiger. Das ist besonders für erschöpfte Menschen fatal. Der Kaffee wird zum Antreiber für einen Menschen, der eigentlich Ruhe braucht, und das zehrt auf Dauer noch stärker an den Kräften.
Deshalb empfehle ich Kaffee nicht gerne generell und pauschal, aber – siehe oben – es kommt darauf an.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gallensäuren#Funktion
[2] Die Löwenzahn-Tinktur ist ein Pflanzenauszug auf Alkoholbasis. Für alkoholkranke Menschen ist sie daher ungeeignet. Diese sollten dann lieber den Artischockensaft trinken.
Petra Habecker ist eine wundervolle Heilpraktikerin, niedergelassen mit eigener Praxis in München.
Sie ist spezialisiert auf Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und Shiatsu. Im Rahmen dessen arbeitet sie – neben Akupunktur und Kräutermedizin – mit Ernährungsberatung, da die Basis allen Gesundwerdens die körperangepasste Ernährung ist. Auf unser LCHF-Forum wurde sie durch ihre Schwester aufmerksam.
Sie informiert uns über die Nahrungsmittel, mit der wir ganz einfach die Fett- und Eiweißverdauung unterstützen können, was gerade am Anfang der Ernährungsumstellung wichtig ist.
Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel - und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.
Hippokrates
In jedem von uns steckt das starke Potenzial, die eigene Gesundheit und körperliche Situation besser zu machen – und seien die Schritte noch so klein und langsam. Für manches brauchst du vielleicht medizinische Hilfestellung, aber vieles liegt allein in deiner Hand. Die Ernährung ist dabei viel wesentlicher als du dir vielleicht vorstellen kannst.
Aber es geht nicht nur um das körperliche, für echte Gesundheit musst du auch die emotionalen und sozialen Aspekte mit ins Boot holen. So ein rundum gesunder Lebensstil (auf all diesen Ebenen) wird dafür sorgen, dass du dich schon bald besser fühlen wirst als vielleicht genau jetzt in diesem Moment.
Übernimm Verantwortung für deine Gesundheit, nutze, was du selbst tun kannst, aber nimm gleichzeitig vernünftig die Hilfe an, die du individuell brauchst. Sei dein eigener Gesundheitskoordinator.
Lies, lerne und setz um.
Heute ist ein guter Tag für ein gesünderes Leben. Meinst du nicht?