Sudda: Der große Knall

Eigentlich wollte ich heute den nächsten Teil über Sophia schreiben, da gibt es noch so viel Spannendes zu berichten. Und für meine Liebeleins aus dem derzeit laufenden Back to Basics Kurs will ich noch eine ganz spezielle Aufgabe fixieren. Aber nachdem ich jetzt auch auf Facebook die LCHF.de-Seite wieder „in Betrieb“ gesetzt habe und das „Wiederauftauchen“ (bzw. ich) so liebevoll aufgenommen wurde, möchte ich dann doch ein paar Worte darüber schreiben, warum es um mich in den letzten Monaten Jahren so still war, wie es zum großen Knall kam.

Das ist mir wichtig.

Kurz vorher

Zu tief will ich nicht einsteigen, denn viele von euch begleiten mich bereits viele Jahre und haben zumindest eine Grundahnung von mir.

Ich liebte die Menschen, für andere „da zu sein“ war meine Berufung, ständig unterwegs, quirlige Laune, voller Ideen, Energie, mittendrin und voll dabei. 

Gearbeitet hab ich von den Stunden her viel zu viel in meiner Selbständigkeit und war, sofern irgendwie möglich, immer zur Stelle, wenn es brannte. 13 Sportkurse plus Back to Basics plus Forum plus alles andere, was so anfiel – da tobte ich durch. Wochenende und richtig frei? Hab ich nicht vermisst, denn wenn du das tun darfst im Leben, wofür du wirklich brennst, arbeitest du eigentlich keinen Tag mehr in deinem Leben.

Sagt man.

Öfter mahnten mir nahe Menschen: „Pass auf dich auf!“ oder „Nimm dir mal frei und denk nur an dich!“ oder „Hast du auch mal Ruhe?“ Ich beschwichtigte sie, versicherte, dass ich gut für mich sorgte, damit sie Ruhe gaben. Blödsinn da. Die konnten ja gar nicht nachvollziehen, dass ICH sowas nicht brauchte.

Ich doch nicht.

Ich war glücklich, fit, würde im Mai 2020 50 werden, wir studierten für mein geplantes großes Fest einen eigenen Tanz mit einem meiner stärksten Sportkurse und einer Tanztrainerin ein (zu Amii Stewart – Knock on Wood.. werd ich nie vergessen, das war so eine tolle Zeit) – während ich mich parallel mit einer anderen Gruppe hocheuphorisch auf den Strongmanrun vorbereitete, für den wir uns angemeldet hatten.

Das Leben lachte!

Fitnesskomponenten Annika 2019 Sudda hart durchgreifen Lebe deinen Traum nachher (600 × 1200 px)
Spätsommer 2019

Frühjahr 2020

Dann kam das Frühjahr 2020.

Lockdown.

Meine Geburtstagsfeier musste gecancelt werden.

Der Strongmanrun wurde abgesagt.

Sportkurse dicht.

Hiobsbotschaften, die Angst machten, was immer man hörte oder sah – egal mit wem man sprach.

Von 100 auf 0 in 2 Wochen, oder so.

Lockdown war dann wieder vorbei irgendwann und ENDLICH durfte ich wieder toben. Was ich tat.

Gründlich.

Der große Knall...

.. kam im August 2020. Ich saß nach dem Sport nachmittags mit meiner Tochter zusammen und unterhielt mich mit ihr. Es war ein heißer Sommertag, als mein Körper aus heiterem Himmel eskalierte. Das fühlte sich wirklich an wie ein Knall, als wär ich an eine Wand gesprungen.

Ich hing am Rand der Ohnmacht, der Blutdruck drehte durch, ich drehte durch und war mir sicher, dass ich Herzinfarkt und Schlaganfall auf einmal hatte.

Ab zum Krankenhaus. Nein, war alles okay, außer dass mein Blutdruck sich noch nicht ganz beruhigt hatte.

Danach diverse Abklärungen beim Arzt. Nein, war alles okay. EKG, Blutwerte auch – nur die Geschlechtshormone waren grotte. Man sah keine Veranlassung weiteres zu tun (das mit den Hormonen ist halt so in den Wechseljahren). Man verschrieb mir einen Blutdrucksenker, denn mein Blutdruck tanzte seitdem ganz merkwürdig, und was „für die Nerven“ (Tavor), was ich aber aus Angst vor Abhängigkeit nicht nehmen wollte. 

Was ich da noch nicht wusste: Das war meine erste Panikattacke – und sollte nicht meine letzte gewesen sein.

Die Angst nahm mich in Beschlag. 

Schwindel wurde mein Begleiter, Herzklopfen bis zum Hals. Ich war total verunsichert, das MUSSTE was Furchtbares in meinem Körper sein. Ich hatte Angst um mein Leben. Und später dann Angst vor der Angst.

Kam die Angst, kam der Schwindel. Gerade über eine asphaltierte Straße gehen war die Hölle, einkaufen im Supermarkt auch und meine Sportkurse konnte ich fast nur noch im Sitzen starten, weil ich Angst hat, dass ich im Stehen umfalle. Ich ging wie „besoffen“, aus Angst zu fallen. Dazu die Angst, was andere denken, wenn die mich so sehen. Und am Ende irgendwann sogar die Angst vor der Angst vor der Angst.

Nachts wachte ich oft mit Herzrasen und Herzstolpern auf – also auch Angst, am Morgen nicht mehr aufzuwachen.

Der große Knall - Zeichnung von Frau im Bett

Ungeordneter Rückzug

„Politisch“ kam die nächste Sportpause, was gut war, denn ich war am Ende.

Und ich tat, was ich tun musste: Ich ringelte mich im Bett ein, zog mir die Decke über den Kopf und fuhr alles runter. Ich war an meinem persönlichen Limit. Rückblickend betrachtet war das ganz wichtig für meinen Körper, ich brauchte in erster Linie Ruhe, der große Knall musste verarbeitet werden.

Die nächsten Monate hab ich irgendwie geschafft, hab beruflich gut funktioniert, aber der Akku war im Handumdrehen alle und ich wieder im Bett unter der Decke.

Ich zog mich fast überall zurück. Außer meiner Familie und wirklich handverlesene Menschen ließ ich niemanden an mich heran.

War wütend und traurig zugleich. Und immer diese Angst.

Überraschend viele von euch haben mich kontaktiert in der Zeit. Man hatte Sorge, wollte mal hören, wie es mir geht, weil kein Piep mehr von mir kam. Manchmal habe ich beschwichtigend versichert, dass alles okay ist – viel öfter habe ich gar nicht geantwortet. Das tat mir leid, aber ich konnte nicht anders. Wollte nicht reden.

In Eskalationsmomenten konnte ich aber auch unbarmherzig wütend um mich schlagen – und hab dabei verletzt. Eins ist mir davon schmerzhaft in Erinnerung geblieben und darum möchte ich mich aus tiefstem Herzen bei Eka entschuldigen. ♥ Das hatte sie echt nicht verdient damals und mit Sicherheit bis heute nicht verstanden. Dafür schäme ich mich.

Und so ging das bis Anfang diesen Jahres.

Es reicht!

Anfang 2023 war ich an dem Punkt, an dem ich beschloß, dass ich so langsam was tun musste, um mich da raus zu holen.

Warum ich mir vorher nicht schon professionelle Hilfe gesucht habe? Weil ich das nicht wollte. Weil ich das nicht konnte. Weil ICH das nicht brauchte. Ich doch nicht. Den alten Dickkopf hab ich die ganze Zeit behalten.

Aber ich fing an, dagegen anzugehen. Hab viel gelesen über Ängste. Viel gelernt. Hab mich „konfrontiert“, ging auf den Asphalt, auch wenn ich am Anfang einen Stock brauchte, ging in den Supermarkt, auch wenn mein Mann mich da sogar einmal abholen musste, weil es eskalierte.

Ich merkte, dass es Schritt für Schritt besser wurde.

Und ich begann darüber zu reden. Erst mit Freunden. Dann mit meinem Umfeld. Später im Forum. Jetzt mit euch.

Noch nicht angekommen, aber auf gutem Weg!

Ich schäme mich nicht mehr für diese Zeit. Sie ist ein Teil von mir.

Da vorne ist vorne – und da hinten ist da hinten. Die Richtung steht fest, auch wenn da zwischendurch einiges Zickzack läuft oder mal einen Schritt zurück.

Ich lernte, meine Panikattacken zeitig zu bemerken und abzubremsen, bevor sie in vollen Lauf kamen – damit sind sie verschwunden (*dreimalaufHolzklopfen*). Meine eigene Suddatechnik.

Habe meinen Tag an meine Bedürfnisse angepasst. Wenn es nicht geht, geht es nicht, dann zieh ich mich zurück. Und an manchen Tagen ist das ziemlich zügig der Fall, aber dann ist das so. Ich sorge gut für mich.

Lernte nein zu sagen und sehr klar zu kommunizieren.

Brachte rigoros Ordnung in meine Ernährung. Stabilstes LCHF bzw. back to basics, im wahrsten Sinne des Wortes.

Mir dämmerte langsam, dass die Panik, mein Herzrasen, mein Schwindel möglicherweise ein Symptom bzw. eine Folge einer Dysbalance in meinem Körper ist, vielleicht Wechseljahrshormonlage, dazu manifest Rückenprobleme und ging aktiv auf die Suche nach ECHTER Hilfe.

Suchte mir eine neue Hausärztin, mit der ich mich wohlfühle – eine, die mir endlich mal in Ruhe zuhörte. Wir begannen, genau hinzusehen, ich war beim Orthopäden, HNO, etc. pp..

Ich traf über Empfehlungen auf einen Arzt, enorm versiert in Hormonellem, Stoffwechseldingen, Nahrungsergänzungen, Umweltmedizin etc. pp., der mich diesbezüglich jetzt auf Herz und Nieren bzw. auf Hormone, Cortisolspiegel, etc. pp. prüft und mich entsprechend in gute Bahnen lenken wird. Dem ich allein schon dankbar war für den Satz: „Das schaffen wir. Wirst sehen, das wird gut.“

Daran glaube ich.

Sehr.

Und allein bei der Aussicht darauf geht es mir Tag für Tag besser.

To be continued...

Das Beste an dieser Geschichte ist, dass sie KEIN Ende hat.

Sie hat nur einen Anfang.

Einen neuen Anfang.

Annika Quadratisch SW

Annika Rask (die Autorin), Sudda (die Bloggerin), Annika Brettfeld-Rask (die Betreiberin dieser Seite) – alles ich.

Seit 2009 lebe ich LCHF. Zunächst „nur“ als Ernährung, nach und nach wurde es immer mehr zu einer wesentlichen Facette meines Lebens. Auf diese Weise gelang es mir über 45 kg abzunehmen, meinen persönlichen Weg von der Couchkartoffel zur leidenschaftlichen Sporttrainerin zu finden, ein Buch über meine Erfahrungen mit LCHF zu veröffentlichen und mich schlussendlich auf selbständige Füße zu stellen.

Seit 2015 bin ich stolze Besitzerin dieser Webseite, wofür ich ihrer Begründerin Nicole Wirth unendlich dankbar bin.

Du möchstest persönlich etwas loswerden oder haben eine Frage? Schreib mich einfach über das Kontaktfeld an.

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