Rein in die Komfortzone – Teil 1

Komfortzone – das klingt doch gemütlich, oder? Komfortzone ist ja überhaupt ein Begriff, den ich immer wieder zu lesen bekomme. Sehr gerne als Schlagwort in motivierenden Sprüchen!

Aber was ist diese Komfortzone überhaupt und wo bitte geht’s lang, wenn ich dorthin möchte?

Für diese und weitere Fragen gibt uns Christine Winter in ihrer ganz besonderen Art ihre Gedanken mit auf den Weg. Für weitere Gedankenberge mag ich auch gleichzeitig ihren Blog Stille-Stärken.de empfehlen – dort lasse ich mich immer wieder sehr gerne inspirieren. 

Viel Vergnügen beim Lesen und Christine einen herzlichen Dank für diesen Beitrag (und für den nächsten schon ein wenig im Voraus, denn es wird einen zweiten Teil hierzu geben)!

Inhaltsverzeichnis

Rein in die Komfortzone

Wann warst du zum letzten Mal ganz bewusst ganz in der Mitte deiner sogenannten Komfortzone?

Wenn dein spontanter Gedanke ist: „Noch nie?!“

oder: „Keine Ahnung. Woran würde ich das denn merken?“

oder: „Die Komfortzone ist verbotenes Terrain – das weiß doch jeder…“

Wenn du also ein bestenfalls ablehnendes Verhältnis zu deiner Komfortzone hast, dann habe ich eine ungewöhnliche Perspektive auf den einzigen Erholungsort, den du immer bei dir hast, für dich.

Was heißt denn „Komfortzone“ überhaupt?

Der Begriff „Komfortzone“ beschreibt etwas, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Und ich wette, dass du trotzdem sofort eine Vorstellung mit dem Wort verbindest. Kann sein, dass in dir ein Bild entstanden ist, das für deine Komfortzone steht. Oder auch ein Gefühl, das du damit verbindest.

Ich habe mir von einigen Leuten die Bilder und Gefühle beschreiben lassen, die sie zu ihrer Komfortzone haben – und jede Komfortzonen-Geschichte ist ganz individuell und persönlich.

Wichtig dabei ist: Deine Komfortzone ist kein realer Ort – obwohl sie einem Bild, das es in Wirklichkeit gibt und das du gut kennst, sehr gleichen kann. Für viele ist sie sowas wie eine Phantasie-Reise. Und nicht selten verändert sie sich mit der Zeit oder je nach Bedarf…

Wenn du beim Gedanken an die Komfortzone die Bergwiese in den Schweizer Alpen vor dir siehst, in der du mal einen Nachmittag lang in der Sonne gelegen warst, dann steht diese Wiese als Symbol für das, was in deiner Komfortzone für dich bedeutsam ist.

Dann würde ich dich fragen: Was ist es, das diese Wiese zur Komfortzone für dich macht? Wofür steht diese Erinnerung? Was davon nimmst du mit in dein ganz persönliches Komfortzonen-Bild? Und welches Gefühl entsteht dabei? Wie kannst du es bei Bedarf ganz schnell wieder entstehen lassen?

So musst du nicht jedesmal in die Schweiz reisen, wenn du dich auf deiner Entspannungswiese hinlegen willst.

Wenn du ein real existierendes Sofa in deinem Wohnzimmer als Lieblings-Rückzugsplatz gewählt hast, heißt das nicht, dass du nicht auch im Büro für einen Moment in deine Komfortzone verschwinden kannst. Denn in deiner Vorstellung hast du den genau richtigen Platz, um dir gut zu tun, immer und überall bei dir.

Beitragsbild Rein in die Komfortzone Teil 1 Strichmännchen vor Warnschild

Unbewusst gewinnt

Du fragst dich, was diese Phantastereien von einer Wohlfühlzone sollen? Das verstehe ich gut. Und um es zu erklären, muss ich ein bisschen ausholen:

Dein Gehirn findet es ausgesprochen schwierig, dir in logisch-nachvollziehbaren Worten dein Seelenleben und die Funktionsweise deiner Psyche zu erklären. Deswegen nimmt es für diese Infos deine inneren Bilder – oft als „Geistesblitze“ oder in (Tag-)Träumen. Oder es versucht, dich durch subtile Körperempfindungen auf etwas aufmerksam zu machen. Manche erleben es auch als inneren Klang – zum Beispiel Sudda Sudda, wenn sie sagt, dass für sie das Essen summen muss.

Dass dein Gehirn dir nicht logisch erklären kann, wie du funktionierst, heißt übrigens nicht, dass das Gehirn keine Ahnung davon hat, was in dir vorgeht. Ganz im Gegenteil – es weiß alles und steuert nach allerbesten Möglichkeiten sowohl die körperlichen als auch die psychischen Mechanismen, damit du erstens so lang wie möglich lebst und zweitens möglichst oft das Gefühl hast, belohnt zu werden.

Das kriegst du aber nicht mit, weil du im Normalfall nur logischen, nachvollziehbaren und „vernünftigen“ Gedanken zuhörst.

Mit logischen Gedanken meine ich auch sowas wie: „Beweg deinen Hintern, sonst wird das nie was mit dem Abnehmen.“ Oder auch: „Seit Generationen sind in meiner Familie alle übergewichtig – wieso sollte es da für mich eine Ausnahme geben?“ Oder beispielsweise: „Ich hab mein Gewicht noch nie gehalten. Ich bin eben ein Jojo-Effekt auf zwei viel zu dicken Beinen.“

Logisch nachvollziehbar? Irgendwie schon. Obwohl es völliger Quatsch ist.

Ich finde diesen anderen Bereich von „Gehirntätigkeit“ viel spannender. Mit Logik oder überhaupt mit Denken hat der nicht sooo viel zu tun. Manche sagen Bauchgefühl dazu. Oder Intuition.

Ich nenne es „das Unbewusste“ – weil du im Normalfall nicht bewusst mitkriegst, wie du von diesem Strom von inneren Bildern und Klängen, inneren Dialogen und Körperwahrnehmungen gelenkt wirst. Wenn du jetzt an dein „Unterbewusstsein“denkst, dann weißt du, wovon ich spreche.

Das Unbewusste ist, wenn es zum Beispiel um Entscheidungen („Salatblättchen oder Schokolade?“) geht, ganz klar im Vorteil. Denn es bringt dich ganz unauffällig dazu, etwas zu tun, was du vorher nicht mit logischem Denken hinterfragt hast. Es „passiert einfach“ – eben unbewusst. Und nachher wundert sich die Logik nur noch, wieso ihr lang und breit vorausgedachter Plan nicht funktioniert hat.

Was wir – logisch betrachtet – immer übersehen, ist, dass das Unbewusste am längeren Hebel sitzt. Denn während du munter nachdenkend Pläne machst, macht es munter innere Repräsentationen, die nicht selten das gegenteilige Ergebnis anstreben. Und du machst seltsame Sachen, die nicht das Geringste mit deinen Plänen zu tun haben…

Das Bild der Komfortzone kommt aus dem Unbewussten

Wenn ich Leute nach ihrem Bild von der Komfortzone frage, dann lassen sie mich – jedenfalls, sobald wir das logische Denken hinter uns lassen – in ihre unbewusste Vorstellung eines geschützten Raumes in ihrem Inneren blicken. Und das ist immer wieder mega-spannend.

Wenn ich dich jetzt fragen würde: Wie sieht deine Komfortzone aus? Was muss unbedingt sein, damit du dich wohlfühlst? Was umgibt dich in diesem inneren Rückzugsort? Wo ist der Mittelpunkt?
Was würdest du mir darauf antworten?

Und wenn ich dann die Frage hinterherschieben würde: Wo ist die Grenze? Wie sieht sie aus? Woran merkst du, dass du an deiner Grenze bist? Woran merkst du, dass du über deine Grenze hinausgehst?
Was würdest du sagen?

Bring dein Bild auf den Punkt

Ich finde es unglaublich wichtig, dieses Bild von der Komfortzonebewusst zu kennen – denn wenn es dir nicht bewusst ist, dann lenkt es dich immerzu unbewusst. Du stößt unerwartet an Grenzen, die du nicht nachvollziehen kannst. Du kommst nicht voran. Oder du überforderst dich, weil du nicht weißt, was dich im Inneren der Komfortzone erwartet. Hast womöglich die Befürchtung, dass du nie wieder herauskommen würdest, wenn du einmal mittendrin bist.

Du hast eine Vorstellung davon, wo deine Mitte oder dein innerer Rückzugsort oder deine Erholungszone ist. Sie ist für dich da – nicht gegen dich.

Lerne sie kennen. Geh rein und spür und schau und notiere, wie sie ist.

Die Aufgabe für Fortgeschrittene Komfortzonen-Erweiterer ist dann, sie so zu verändern, dass du mit ihrer Hilfe deinen Absichten und Plänen näher kommst.

Komfortzone heißt nicht Nichts-Tun!

Das vermutlich größte Missverständnis beim Begriff „Komfortzone“ ist, dass in der Komfortzone zu sein Faulenzerei und Schlendrian bedeuten würde. Das ist völliger Blödsinn – und dieser Irrtum könnte mit einer schluderigen Übersetzung zusammenhängen.

Was wir auf deutsch Komfortzone nennen, heißt im Englischen „Comfort Zone“ – und nicht „Comfortability Zone“. (Letzteren Begriff habe ich gerade selbst erfunden. Keine Ahnung, ob das auf Englisch überhaupt Sinn ergibt. Ich erkläre gleich, was ich damit sagen will.)

Auf Englisch heißt „to comfort (yourself)“: (sich) beruhigen, trösten, ermutigen. Kurz gesagt: Es geht darum, dir gut zu tun. Und zwar aktiv.

Da geht es NICHT um Lethargie, Faulheit und Chips futtern beim Fernsehserien-Guck-Marathon. Und auch nicht um depressive Antriebslosigkeit.

Wir geben der Komfortzone hingegen schnell eine Bedeutung wie sie im auf englisch „to make yourself comfortable“ genannt werden würde – und das auch noch aus der Negativ-Perspektive: Bequem Abhängen und passiv Nichtstun. Und vor lauter Faulheit immer noch bequemer werden.

Lass uns festhalten:

Die Komfortzone ist eine Vorstellung von einem innerer Raum, in dem du dir aktiv gut tun kannst. Und zwar vor allem dann, wenn du dich nach einer Herausforderung regenerieren musst.

Während du in deiner Komfortzone bleibst, kannst du alles machen, was dich nicht herausfordert oder verunsichert. Der größte Teil deines Alltags kann entspannt innerhalb der Komfortzone ablaufen.

Faulheit hat damit nicht das Geringste zu tun!

Bleib mal eine Weile in deiner Mitte

Meine Erfahrung ist, dass wir alle viel zu viel Zeit damit verbringen, uns unseren Herausforderungen zu stellen, uns zu „optimieren“ und zu mehr Leistung zu überwinden. Und während es durchaus sinnvoll ist, immer mal was Neues anzugehen und Veränderungen ins Leben zu holen, ist es richtig wichtig, eine Balance zwischen Sich-Fordern und Sich-Ausruhen zu haben, bei der das Ausruhen ein klitzekleines bisschen überwiegt.

Tu was für dich. Entdecke die Mitte deiner Komfortzone.

Wenn du keine Lust mehr auf die entspannte Normalität hast, weil sie auf die Dauer dann doch zu langweilig wird: Geh raus und erlebe ein Abenteuer.

Und anschließend – also sobald es dir zu viel wird – lässt du es dir wieder für eine Weile gut gehen.

Sei du selbst, lass die anderen anders sein.

Deine Christine

Beitragsbild Christine Winter Komfortzone Serie

Christines Webseiten

Christine bloggt auf Stille-Stärken.de für Menschen, die von Sprechblockaden betroffen sind oder die sich aufgrund ihrer introvertierten Eigenheiten für „zu still“ halten. Sie hat selbst fast 30 Jahre lang mit einer Kommunikationsstörung gelebt und weiß, wie es ist, wenn man eine Blockade einfach nicht überwinden kann.

Weil es ihr sehr am Herzen liegt, andere Menschen mit ihrer Erfahrung bei schwierigen Veränderungsschritten und Blockaden zu unterstützen, ist sie Trainerin für persönliche Entwicklung und Hypnosecoach geworden.

Anfang 2013 ist Christine über LCHF gestolpert, nachdem sie in einem Buch gelesen hatte, dass sich das Gehirn auch von Fett „ernähren“ kann, wenn man ihm keinen Zucker mehr gibt. Das fand sie spannend und wollte es unbedingt sofort ausprobieren. Dass sie seither „nebenbei“ 20 Kilos verloren hat, ist ein erfreulicher, aber für sie gar nicht sooo wichtiger Zusatzeffekt.

Christines Texte auf LCHF.de